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Sinn

Wohnen: Bauen für eine demokratische Stadt der Vielfalt

Wohnen ist Grundbedürfnis des Menschen und kann eine zentrale Bedingung für sozialen Frieden und gesellschaftlichen Zusammenhalt sein. Doch besonders in Großstädten sieht die aktuelle Situation ganz anders aus: Zwar werden neue Wohnungen und Häuser gebaut – aber die passen nicht immer zu dem, was die Bevölkerung braucht: bezahlbaren Wohnraum mit guter Infrastruktur und einer guten Nachbarschaft.

Im Jahr 2020 haben wir 1.650 neue Wohneinheiten ermöglicht mit einer Gesamtwohnfläche von 118.683 m2. 92,9 Prozent der Wohnprojekte fördern aktiv die soziale Vielfalt im Quartier.

Erfahren Sie hier mehr über die Auswertung unserer Wirkindikatoren für das Zukunftsbild Wohnen für unser Geschäftsjahr 2020.

Kreditvolumen der Branche Wohnen im Jahr 2020 :

1.077,739 Mio. Euro

(entspricht 26 Prozent vom Gesamt-Kreditvolumen der GLS Bank); Stand 31.12.2020

Ein Ausdruck von Gerechtigkeit

Insgesamt beobachten wir eine Verschiebung der Nachfrage. In einigen Städten und Regionen wandern ganze Bevölkerungsschichten ab, in anderen wächst die Nachfrage nach Wohnraum extrem. Investor*innen spekulieren auf eine vergleichsweise hohe Rendite und treiben so die Immobilienpreise in die Höhe. Das führt zu einer Verknappung von günstigem Wohnraum und Mieten. Fazit: Wohnen in der Stadt kann sich nicht mehr jede*r leisten.

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland lebt zur Miete. Doch 60 Prozent der Immobilien gehören nur einem Zehntel der Haushalte.1 Diese Besitzverhältnisse und Fremdbestimmung führen außerdem dazu, dass sich Mieter*innen zunehmend unmündig fühlen: Mieter*innen haben in der Regel wenig zu sagen, wenn es um Modernisierung geht oder darum, an wen vermietet wird.

Städte werden dabei oft zum Schauplatz der Trennung in Arm und Reich. 4 von 10 Mietshaushalten müssen über 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Miete aufbringen,2 jeder sechste Haushalt sogar über 40 Prozent. Expert*innen zufolge übersteigt dies einen kritischen Schwellenwert – es bleibt zu wenig vom Einkommen für eine sichere Finanzierung des Lebens.

Steigende Mieten führen in Stadtteilen zu einer Entmischung von Bevölkerungsschichten (Gentrifizierung): Die Menschen im unteren Einkommensdrittel3 können sich die Mieten in Großstädten nicht mehr leisten, Migrant*innen werden auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert, Kulturschaffende, die ein Quartier attraktiv gemacht haben, ziehen auf der Suche nach Vielfalt, Kreativität und bezahlbarem Wohnraum weiter.

Hinzu kommt, dass kaum neue Sozialwohnungen gebaut werden: In den 77 größten deutschen Städten fehlen über 1,9 Millionen Sozialwohnungen.4 Weil einkommensschwache oder ausländische Familien in ausgelagerte Bezirke ziehen, entstehen hier Parallelgesellschaften.

Für viele Menschen ist soziale Vielfalt in der Umgebung ein Lebenselixier. Die Bedeutung der Vielfalt geht dabei mit der Vorstellung eines stadt- und wohnräumlichen Ausdrucks von Gerechtigkeit einher. Die Stadt gehört allen. Soziale Vielfalt erlaubt Austausch, Kreativität, Offenheit, Mitbestimmung. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Eine wachsende Zahl von Stadtbewohner*innen befürchtet, dass die derzeitige Wohnsituation eine wachsende Spaltung der Gesellschaft widerspiegelt. Mit dem Idealbild einer diversen Gesellschaft, Solidarität und sozialer Heterogenität hat die aktuelle Situation tatsächlich leider nur wenig gemein.

1 Baldenius, Schularick (Universität Bonn) (2019): DIE NEUE WOHNUNGSFRAGE. Gewinner und Verlierer des deutschen Immobilienbooms
2 University College London, Humbold Universität Berlin (2018): Housing Expenditures and Income Inequality

3 Pestel Institut
4 Hans-Böckler Stiftung (2018): Wie viele und welche Wohnungen fehlen in deutschen Großstädten?

Unser Zukunftsbild Wohnen

Mieter*innen und Mitgesellschafter*innen kennen ihre (zukünftige) Immobilie und das Umfeld am besten. Deshalb muss ihr Wissen und ihre Meinung bei Bau oder Sanierung ebenso wie bei Miet- und Verwaltungsstrukturen einfließen, am besten vertraglich abgesichert. Ein besserer als der übliche Kündigungsschutz gibt Mieter*innen größere Sicherheit. Ebenso ein angemessenes Verhältnis zwischen Einkommen und Ausgaben für Miete oder Baufinanzierung.

Das gelingt besonders gut in gemeinschaftlichen Wohnprojekten, wie wir aus über 45 Jahren Erfahrung wissen. Wo Jung und Alt, Menschen unterschiedlicher Herkunft und mit unterschiedlichen Einkommen, Wohnen und Arbeiten zusammengeht, lebt es sich besonders gut. Wenn dann beim Bauen, Sanieren und Wohnen noch auf umweltverträgliche Materialien, erneuerbare Energien, verträgliche Mobilität und ein gutes Miteinander mit der Nachbarschaft gelegt wird, lebt es sich fast schon wie im Paradies.

In unserem Zukunftsbild Wohnen setzen sich vielfältige Aspekte vom Bauen bis hin zum Miteinander zu einem guten, zukunftsfähigen Wohnen zusammen:

Nachhaltiges Bauen

  • Aktive Berücksichtigung der Wirkung von Neubau, Sanierung und Nutzung von Wohnräumen sowie der Erwerb von Wohneigentum auf Verkehr, Klima, Natur und Nachbarschaft.

Wirkindikatoren: Vorbeugung von Flächenversiegelung, nWert Gutachten, Anteil Finanzierung für nachhaltige Baumaßnahmen, Selbstverständnis Genossenschaft, Förderung von Klima- und Umweltschutz

Bewirkt:

82,6 Prozent der von uns finanzierten Wohnprojekte setzen gezielt Maßnahmen zur Förderung von Klima- und Umweltschutz um.

Soziale Vielfalt

  • Aktive Stärkung der sozio-kulturellen und sozio-ökonomischen Vielfalt
  • funktionale Heterogenität in der Gestaltung von Quartieren, Stadtteilen und Städten.
  • Bedeutung der Vielfalt geht einher mit der Vorstellung eines stadt- und wohnräumlichen Ausdrucks von Gerechtigkeit.

Wirkindikatoren: Wohn- und Nutzfläche in m2 freigestellt für Sonderwohnformen, Gruppen, Einrichtungen, Explizite Orientierung auf Mehrgenerationen-Wohnen und soziale Vielfalt

Bewirkt:

84,9 Prozent unserer Kund*innen setzen auf generationsübergreifendes Wohnen und soziale Vielfalt.

Bezahlbarer Wohnraum

  • Gewährleistung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Einkommen und Mietkosten unter Berücksichtigung einer bedarfsgerechten Wohnfläche
  • Gemeinwohlorientierte Eigentümer*innen und Nutzer*innen, gemeinschaftliche Wohnformen

Wirkindikatoren: durchschnittliche Miete je m2 im Vergleich zum Mietspiegel, Angebot für niedrige Einkommensschichten bzw. solidarische Finanzierungsformen, Eigenkapitalanteil

Bewirkt:

Im Schnitt liegen die Nettokaltmieten unserer Wohnprojekte 13,5 Prozent unter dem jeweiligen Mietspiegel im Stadtteil/Quartier.

Nutzungsrecht

  • Nutzungsrecht ohne Befristung zur Gewährleistung eines über das gesetzliche Maß hinausgehenden Kündigungsschutzes der Mieter*innen bzw. Mitgesellschafter*innen.

Wirkindikatoren: Wohnfläche je mmit satzungsmäßig lebenslangen Miet- und Nutzungsrechten, politisches Lobbying für Mieterschutz & partizipatives Wohnen, Verzicht auf Profitorientierung

Bewirkt:

66,7 Prozent der von uns vergebenen Kredite in der Branche Wohnen sehen einen expliziten Verzicht auf profitorientiertes Wirtschaften in der Satzung vor.

Mitbestimmung

  • Recht zur Mitwirkung der Mieter*innen bzw. Eigentümer*innen in der Ausgestaltung und Umsetzung von Miet- und Verwaltungsstrukturen sowie dem Betrieb, der Sanierung und Modernisierung von Wohnimmobilien.
  • demokratischer Stimmverhältnisse und Rechte
  • Einbindung aller wohnungspolitischen Akteure in den gesellschaftlichen Diskurs zu Belangen des Wohnens

Wirkindikatoren: Wohnfläche mit demokratischen Mietstrukturen in m2, Dialogveranstaltungen, Prinzip „Ein Mitglied eine Stimme“

Bewirkt:

Bei 69,3 Prozent der finanzierten Wohnfläche sind demokratische Miet- und Verwaltungsstrukturen in der Satzung vorgesehen.

Hinweis

Seit dem 1. Januar 2020 ist die Wirkungstransparenz im Kreditbereich der GLS Bank fest verankert. Im Jahr 2020 konnten wir bereits für über die Hälfte der Neukredite die sozial-ökologische Wirkung systematisch erfassen. Zugeschnitten auf das jeweilige Geschäftsmodell und die Branche, erfassen unsere Berater*innen gemeinsam mit den Firmenkund*innen die entsprechenden Wirkungsdaten. Dabei beruhen einige Wirkungs-Datenpunkte auf Schätzungen bzw. auf der Einschätzung der Firmenkundenberater*innen.